Ich hatte ja in den letzten zwei Wochen ein Schulpraktikum. Ich möchte etwas darüber erzählen.
Zu Beginn der E-Phase bekam die Klasse die Informationen rund um das Praktikum. Dazu gehören Zettel zum Ausfüllen (wegen der Versicherung), der genaue Zeitraum, die Gesetzeslage für Schulpraktikanten und einige Telefonnummern. Alles in Ordnung.
In der nächsten Zeit konzentrierte ich mich sehr auf die Schule. Und auf andere Dinge. Dass da noch das Praktikum war, vergaß ich einfach. Bis die Weihnachtsferien kamen. Ich nahm mir vor, noch vor dem Beginn des Jahres 2013 einen Praktikumsplatz zu bekommen.
Einige Tage später lief ich zufällig an einer Werbeagentur vorbei. Es war schon spät, sie hatte geschlossen. Aber ich wusste nun, wohin ich wollte: In eine Werbeagentur. Also googlete ich nach Werbeagenturen in Bremen, fügte mir Lesezeichen in meinem Browser hinzu und fand, dass ich doch eigentlich viel getan hatte. Schließlich wusste ich ja nun, was ich machen wollte und hatte sogar schon Internetseiten gebookmarkt. So verstrich das Jahr 2012 und ich hatte immer noch keinen Praktikumsplatz.
Als ich im Januar 2013 wieder an das Praktikum dachte, bekam ich langsam Panik. Nur noch fünf Monate bis zum Praktikum …
»Wir sind zu klein für Praktikanten«
Ich beschloss also, etwas zu unternehmen. Ich suchte aus den entsprechenden Internetseiten die Mailadressen heraus und schrieb kleine Anfragen, ob die Betriebe denn Schulpraktikanten nähmen. Nach und nach plätscherten Antworten in mein Postfach. Hier ein »wir sind zu klein für Praktikanten«, dort »wir haben schon einen Praktikanten« oder gar keine Antwort. Inzwischen hatte ich auch bei einigen politischen Parteien angefragt, die allerdings auch nicht konnten oder wollten.
Die Monate verstrichen. Inzwischen war April und ich hatte immer noch keinen Praktikumsplatz. Ich war ziemlich deprimiert, da ich, obwohl ich inzwischen schon mehr als 20 Anfragen gestellt hatte, noch keine positive Rückmeldung in Form von »Wir nehmen Schulpraktikanten« bekommen hatte. Langsam nervte mich das ständige Anfragen und Absagen.
Ich schrieb also zehn Bewerbungen an unterschiedliche Betriebe. Ich gab mir Mühe. Ich wollte jetzt einen Praktikumsplatz haben. Wieder Absagen.
Es war Mai. Noch nicht mal ein Monat zum Praktikum. Da bekam ich von einer Mitarbeiterin von Radio Bremen (meinem eigentlichen Wunschbetrieb) einen Kontakt zugespielt, der mir ein Praktikum bei der Filmproduktion besorgen sollte. Sorgfältig gestaltete ich meine Bewerbung, durchdachte jedes Wort dreimal und setzte zum Schluss meine Unterschrift unter dieses Werk. Ich schickte die Bewerbung per Post.
Inzwischen drängelte die Schule schon nach den Zetteln, die ich schon oben erwähnt hatte, die der Praktikumsbetrieb hätte ausfüllen sollen. Noch war keine Antwort von Radio Bremen gekommen. Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Die Schule meinte, sie würde mich zuteilen müssen, gäbe ich nicht innerhalb der nächsten Tage meine Unterlagen ab. Ich gab nicht ab.
Am Freitagnachmittag der Woche vor dem Praktikum rief ein Lehrer an und erklärte mir, ich wäre jetzt beim Hausmeister der Grundschule meiner Schule zugeteilt. Da die Grundschule einige Stadtteile von meiner Schule entfernt war, konnte ich sicher sein, dass ich keine Grundschüler kennen würde. Und andersherum ebenfalls nicht. Ich war gespannt.
Als ich in dieser Situation an Hausmeister dachte, dachte ich an freundliche, handwerklich begabte Männer, die kurz vor der Rente standen. So schlecht fand ich das gar nicht, schließlich sind meine beiden Opas auch handwerklich begabt und freundlich. Ich dachte also eigentlich an meine Opas, statt an Hausmeister.
Dann war es soweit. Montagmorgen. Erster Arbeitstag. Ich begab mich zum Bus und dachte nach. Bis dahin hatte ich noch nie ernsthaft handwerkliche Arbeit erledigt. Ich war also offen, aber auch etwas aufgeregt. Schließlich stellte ich mir vor, ich sei nicht sonderlich stark. Und Handwerker täten immer körperlich anstrengende Dinge. Im Bus stieg die Aufregung.
Der Hausmeister sah anders aus, als ich erwartet hatte.
Ich stieg also aus dem Bus und war eine Viertelstunde zu früh. Ich suchte den Eingang der Schule. Als ich gerade das Schild mit der Aufschrift »Haupteingang« gesehen hatte, sagte eine Frau zu mir »Der Hausmeister kommt gleich. Warte einfach hier.«. Also wartete ich. Und wartete. Und wartete. Um neun Uhr sollte das Praktikum beginnen und es war schon nach Neun. Also suchte ich das Sekretariat auf und fragte nach dem Hausmeister. Nach einem Anruf kam der Hausmeister ins Sekretariat. Er sah überhaupt nicht so aus, wie ich es erwartet hatte. Der Hausmeister war ein relativ junger Typ mit schwarzen Haaren (nicht grau, wie erwartet) und trug eine Brille mit dickem Rand (wie ich). »Hi«, begrüßte er mich. Ich war positiv überrascht.
Meine erste Aufgabe bestand darin, großes Brennholz mithilfe von einer Schubkarre von einem Stapel in einen Unterstand zu transportieren. Das Holz war teilweise so schwer, dass ich es nicht heben sondern nur rollen konnte. Nach einigen Stunden war ich fertig. Dann durfte ich Glasbausteine mit einer anderen (größeren) Schubkarre von einem anderen Stapel aufnehmen und hinter dem Schulgebäude ablegen. Das war mein erster Tag. Es war total anstrengend und, ehrlich gesagt, echt langweilig.
Der nächste Tag begann mit Muskelkater und einer neuen Aufgabe. Ich durfte ein Hüpfspiel (mit Zahlen in der Reihenfolge der zu bespringenden Felder, auch bekannt als Himmel und Hölle) neu malen. Der »Nachteil«: Das Hüpfspiel hatte 100 Felder (genauer gesagt 102 Felder). Ich begann also mit dem Malen und schaffte am ersten Tag um die zwanzig Felder.

Am Mittwoch schaffte ich es, weitere 25 Felder auszumalen. Während ich am Malen war, schauten mir in den Hofpausen die Grundschüler zu. Irgendwann fragte eine Schülerin, ob sie auch ein Feld malen dürfe. Sie durfte. Und viele weitere Kinder auch. So wurden mir zwei von fünf Arbeitsstunden abgenommen. Ich musste nur aufpassen, dass die Schüler »keinen Scheiß machen«, wie der Hausmeister meinte. Die Schüler machten keinen Scheiß. Sie malten gewissenhaft und sorgfältig. Manchmal so sorgfältig, dass ich sie daran erinnern musste, dass da auch noch andere Kinder seien, die ebenfalls malen wollten.
Die Schüler waren total nett. Sie freuten sich darüber, dass ich das Hüpfspiel erneuerte und bekundeten dies oft lautstark. Und ich freute mich, dass sie sich freuten.
So war ich die Hauptattraktion auf dem Schulhof und es bildeten sich lange Schlangen, ohne, dass sich die Schüler stritten, wer zuerst malen durfte.
Noch am Abend des Mittwochs regnete es. Die Farben waren glücklicherweise schon getrocknet, sodass nichts neu gemalt werden musste. Doch am nächsten Tag war der Boden noch so feucht, dass ich nicht weitermalen konnte und erstmal eine andere Aufgabe bekam.
Als ich morgens an der Grundschule ankam, sah ich schon einen großen Kipplader, der Rindenmulch auf einer Stelle des Schulhofes, der dort nicht gepflastert war, ablud. Der Hausmeister sagte, ich solle den Haufen Rindenmulch verteilen.
Nach einigen erfolglosen Versuchen, alles umzuschichten, kam ein Handwerker auf mich zu. Er riet mir, eine Harke, statt einer Schaufel zu benutzen und half mit einer anderen Harke gleich mit. Nach einiger Zeit kam ein Kollege von ihm und eine Schülerin. Wir verteilten nun zu Viert den Haufen auf der angegebenen Fläche. Sie verrieten mir, sie seien aufgrund des Projektes Schule »for life« an der Schule und hätten schon seit einiger Zeit aus zwei Baumstämmen Bänke und ein Holzauto produziert. Auf dem Rindenmulch sollten die Bänke stehen.
Schon nach kurzer Zeit waren wir fertig mit dem Verteilen und wir stellten die Bänke in einem Kreis auf.

Weil ich nun schon mitgeholfen habe, sagte der Hausmeister, könne ich den Rest des Tages auch noch bei »for life« mithelfen. Meine nächste Aufgabe war das Ausmessen und Zeichnen der »Hupe« für das Lenkrad des Autos. Nach langen Herumprobieren zeichnete ich einige Striche auf das Papier und schnitt es dementsprechend zurecht.

Zwischendurch gönnten wir uns einen Kaffee aus dem Lehrerzimmer, auf den neuen Bänken sitzend. Nachdem ich mein Zeichnen und Schneiden beendet hatte, durfte ich die Hupe auch aussägen. Und zwar mit einer Stichsäge. Die heißt so, weil sie das Sägeblatt immer von oben in das Holz sticht.

Schließlich stellten wir auch noch das Auto auf. Wir setzten die Hupe in das Lenkrad ein. Und die Kinder begannen sofort, mit dem Auto zu spielen.

Nachdem auch diese Arbeit getan war, sahen wir noch einige Zeit den Schülern beim Spielen zu und hatten Schluss. Die Leute vom »for life«-Projekt waren sogar vollständig fertig.
Am Freitag begann wieder meine normale Arbeit. Ich malte wieder einige Felder aus. Die Farbe reichte nicht mehr. So nahm ich teilweise nicht wasserfeste Farbe.
Montags hatte sich die nicht wasserfeste Farbe gerächt. Nachdem es am Wochenende stark geregnet hatte, war die entsprechende Farbe verlaufen. Glücklicherweise waren nur wenige Felder betroffen. Betroffen waren auch die Schüler, als sie die »zerstörten« Felder sahen. Aber ich konnte alles wieder neu malen und alles war wieder gut.
Als ich dienstags das Schulgelände betrat, traf ich auf »meinem« Hüpfspiel zwei Mittelstüfler an, die mein Werk weitermalten. Erstaunt, aber auch etwas wütend sah ich den beiden beim Malen zu. Bis der Hausmeister kam. Er meinte, die Beiden würden jetzt das Hüpfspiel, in welches ich so viel Zeit und Liebe gesteckt hatte, vollenden. Ich war traurig.
Dafür präsentierte er mir eine neue Aufgabe. Ich sollte Buchstaben über den Schulhof verteilt mit Schablonen aufmalen. Immer noch traurig begann ich mit der Arbeit. Wieder wollten mir die Schüler helfen, doch die Lehrer wimmelten sie ab. Sie meinten, die Schüler würden die Schablonen beschädigen. Also mehr Arbeit für mich.
Am Tag darauf malte ich die Buchstaben zu Ende und startete nun gemeinsam mit den beiden Mittelstüflern, die Sozialpraktikanten waren, wie sie betonten, ein neues Projekt. Und zwar einen Elefanten. Er hieß Elmar. Der Hausmeister bezeichnete ihn fälschlicherweise als »Elmo«. Wir unterhielten uns viel, die beiden machten viel Blödsinn und zerstörten Farbflaschen an einem Laternenpfahl.
Als dann ein Platzregen aufzog, holten wir schnell Planen und überdeckten Teile des Hüpfspiels und den gesamten Elefanten. Wir vergaßen die Buchstaben, die ich noch an diesem Tag gemalt hatte, bemerkten dies aber erst nach dem Regen. Die neuen Buchstaben waren nur noch farbige Pfützen und ich spülte ebendiese mit einem Gartenschlauch in den Gulli.
Donnerstags malte ich also die Buchstaben, die nochmal neu gemalt werden mussten, neu. Dann setzte ich mich ohne die Sozialpraktikanten, die am Tag zuvor ihren letzten Tag hatten, an den Elefanten und malte dort weiter. Ich mischte neue Farben, die nie zuvor gesehen wurden und war total stolz darauf. Die Schüler durften wieder mithelfen.

Am letzten Tag meines Praktikums konnte ich nicht weiter zeichnen, da der Boden wieder feucht war. Ich leerte also die Außenmülleimer mit einem Fünfkantschlüssel aus und füllte die Seife in den Schülertoiletten nach. In den meisten Jungentoiletten waren die Seifenspender noch randvoll, obwohl die Seife erst vor einer Woche nachgefüllt wurde. Nachdem ich durch alle Gebäude und die Sporthalle gerannt war und alles nachgefüllt hatte, bedankte sich der Hausmeister für die schöne Zeit. Es habe ihm Spaß gemacht. Das Praktikum war somit beendet.
Es war eine schöne Zeit. Ich habe es geliebt, mit Grundschülern zu arbeiten und zu sehen, dass meine Arbeit direkt den Grundschülern zugute kommt. Auch mit dem Hausmeister habe ich mich wunderbar verstanden. Auch, wenn ich mir nicht vorstellen kann, als Hausmeister zu arbeiten, habe ich doch einen guten Einblick in einen vielseitigen Handwerksberuf bekommen. Handwerksberufe sind jetzt gedanklich nicht mehr so weit von mir entfernt, wie zuvor. Ich habe gelernt, dass ich auch körperlich anstrengende Aufgaben erledigen kann, wenn ich nur will. Und ich weiß jetzt, dass ich vielleicht mal Street Art ausprobieren möchte.
Dieses Praktikum war wunderschön. Und vielleicht werde ich ja ab und zu bei der Grundschule vorbeischauen, um zu sehen, was zukünftige Generationen aus den Hüpfspielen, Buchstaben, dem Elefanten, den Bänken und dem Auto machen.