Auf dem Weg zum Görlitzer Bahnhof regnet es, ich habe schlechte Laune. Der Zug bringt mich nach Westen, erst nach Dresden, dann ein anderer Zug nach Chemnitz.
Schon bei der Ankunft am Bahnhof bemerke ich etwas, das mir heute immer wieder auffallen wird: der Wechsel von alter und neuer Architektur. Das Bahnhofsgebäude an sich ist alt, also von vor dem Krieg. Das Dach der Bahnsteighalle dagegen ist neu. Ich kann nicht wirklich sagen, ob es zu DDR-Zeiten oder danach gebaut wurde, beides ist denkbar.
Mit der Straßenbahn geht es in Richtung Innenstadt. Die Gleise führen am Opernplatz vorbei, der von einem historischen Opernhaus und einer majestätischen Kirche geschmückt ist. Direkt gegenüber sind relativ schmucklose Ladenzeilen aus der DDR. Weiter geht es vorbei an einem weitläufigen Platz, der von Ladenzeilen gesäumt ist, aber auch über einen riesigen Springbrunnen verfügt.
Die Gebäude in der Innenstadt sind riesig, gerade dafür, dass Chemnitz gerade mal knapp 250.000 Einwohner zählt. Ich sehe viele historische Gebäude, fast alle sehr gut erhalten oder renoviert, viel sozialistische Architektur, aber auch erstaunlich viel postsozialistische Architektur. Viel Stahl und Glas, interessante Formen, sehr modern.
Und diese Mischung macht Chemnitz gerade so interessant. Jede Gebäudegeneration hat ihren eigenen Stil. Wer durch die Stadt läuft, sieht viele harte Stilbrüche. Vielleicht schreckt das einige Menschen ab, ich fühle mich jedenfalls sofort wohl. Nachdem Görlitz und Eisenhüttenstadt jeweils ein Extrem waren, historische Stadt vs. sozialistische Planstadt, sieht man in Chemnitz, das beides auch zusammen geht.
Der Regen hört irgendwann auf, es kommt sogar die Sonne durch. Gut gelaunt spaziere ich durch den Chemnitzer Abend.
Im Jahr 2025 wird Chemnitz übrigens europäische Kulturhauptstadt. Spätestens dann könnten auch viele andere Menschen Chemnitz für sich entdecken.