Vom Süden geht es nun wieder zurück in Richtung Norden. Freiburg war mein südlichstes Ziel. Im Grunde genommen ist es schon verrückt, dass ich vor knapp einer Woche noch am Ostseestrand gesessen habe. Ab jetzt führt jeder Weg ein bisschen näher zurück nach Hause.
Mannheim hat einen mäßig schönen Bahnhof und der einen Vorplatz, der mich etwas ratlos zurück lässt. Nicht wissend, in welche Richtung es weiter geht, steige ich in eine Straßenbahn und fahre einige Stationen. Da wäre einmal das Schloss, das heutzutage die Universität beheimatet. Es sieht wirklich beeindruckend aus und ist auf den zweiten Blick noch einmal viel größer als ohnehin schon. Wer hier studiert, muss ein gutes Leben haben.
Ich verlasse die Bahn am Marktplatz, der vergleichsweise unspektakulär ist. Rundherum gibt es eine große Zahl türkischer Restaurants. Auch generell kommt mir die Stadt sehr international vor.
Mannheim wird gemeinhin als »Quadratestadt« bezeichnet. Wenn man mittendrin ist, fällt es gar nicht so sehr auf. Schaut man allerdings auf einen Stadtplan, teilen Straßen die Innenstadt in Blöcke, eben Quadrate, auf. Jedes Quadrat, also jeder Häuserblock, hat eine eigene Bezeichnung, die auch gleichzeitig Adresse ist. Horizontal gibt es Buchstaben, vertikal Zahlen. Eine mögliche Adresse wäre dann etwa »E7, 15«, Häuserblock E7 in Hausnummer 15. Straßennamen gibt es nicht (oder nur inoffiziell), deswegen haben Menschen, die sich in einer Straße gegenüber wohnen, unterschiedliche Anschriften. Schließlich trägt der Häuserblock dort schon wieder einen anderen Namen. Kurz gesagt, es ist etwas kompliziert, bis man es verstanden hat.
Einige Quadrate enthalten gar kein Haus, sondern einen Platz. Da wäre etwa der Paradeplatz, der eine schöne Grünanlage enthält.
Schaut man vom Paradeplatz die große Einkaufsstraße, die »Planken« hinunter, sieht man den großen Wasserturm, der inmitten von prächtigen Parkanlagen steht. Auf der einen Seite steht ein Brunnen mit Fontänen, auf der anderen Seite ist ein Rosengarten mit Laubengängen, einem künstlichen Wasserfall und noch mehr Springbrunnen angelegt. Ich bin bei meinem ersten Besuch dort sehr angetan.
Wer Mannheim sagt, muss auch Ludwigshafen sagen. Auf dem einen Rheinufer liegt Mannheim, direkt gegenüber Ludwigshafen. Mannheim liegt in Baden-Württemberg, Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz. Mannheim ist groß und stellenweise ganz schön schick, Ludwigshafen ist klein und hässlich.
Ja, es ist einfach, auf Ludwigshafen verbal einzuschlagen. Die Innenstadt ist zugebaut mit riesigen, etwas verwitterten Betonbauten. Kurz dahinter beginnt das riesige BASF-Werk, das nicht schön, aber auch ziemlich dreckig ist. Es gibt eine historische Kirche, die zwischen all dem Beton hervorblitzt, aber das war es auch schon. Ludwigshafen hat es nicht leicht und steht dabei natürlich immer in Mannheims Schatten. Warum auch sollte man in der Ludwigshafener Fußgängerzone einkaufen gehen, wenn die hübscheren Mannheimer Planken zehn Minuten mit der Straßenbahn entfernt sind? Wenn ich dort wohnen würde, ich würde es genau so machen.
Durch Mannheim fließen zwei Flüsse: der eben schon besprochene Rhein und der Neckar. Beide Flüsse werden von Mannheim genau so genutzt, wie sie es aus meiner Sicht sollten: Es gibt am Ufer weitläufige Grünanlagen. Und tatsächlich, bei gutem Wetter treffen sich die Menschen an den Flussufern, einige führen ihre Hunde aus, andere ihre Kinder. Wenn ich die Mannheimer Flussufer sehe, bemerke ich, wie viel Lebensqualität es bietet. Gerne würde ich im Hochsommer einen ganzen Tag hier auf einer Picknickdecke liegen. Es muss sich wirklich lohnen.
Die Architektur der Stadt changiert zwischen sehr spektakulär und weniger schön. Auch Mannheim hat sich Betonklötze in die Stadt gesetzt, oder auch nur einfach unspektakuläre Nachkriegsbauten, die mit der Zeit alt und noch weniger schön geworden sind. Besonders auffällig sind aber drei frei stehende Wohnhochhäuser direkt am Neckarufer, allerdings hinter den Grünanlagen. Diese Gebäude wirken aus vielerlei Hinsicht wie aus der Zeit gefallen. Die Architektur sieht sehr nach Großwohnsiedlung aus, allerdings doppelt so hoch wie üblich. Und Waschbetonoptik entspricht auch nicht gerade den gängigen ästhetischen Vorstellungen.
Und dann gibt es tolle Gebäude und Sehenswürdigkeiten wie das Schloss, den Wasserturm und noch viele andere Dinge innerhalb und außerhalb der Quadrate.
Mannheim wirkt auf mich immer mehr wie eine wirklich lebenswerte Stadt. Häufig fühle ich mich einfach wohl, wenn ich durch die Straßen und über die Wege hier laufe. Wie schade, dass insbesondere ein Sohn dieser Stadt ihren Namen etwas in Verruf gebracht hat. Das hat sie wirklich nicht verdient.